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Informieren Sie sich hier über die Definition, Klassifikation und Prävalenz von Tinnitus: Was ist Tinnitus, welche Formen gibt es und wie viele Menschen sind betroffen?

Was versteht man unter dem Begriff Tinnitus?

Der Begriff Tinnitus bezeichnet ein Geräusch, das der Betroffene zwar hören kann, das aber nicht auf eine äußere Schallquelle zurückzuführen ist. Der Tinnitus wird daher auch manchmal als „Phantomwahrnehmung“ beschrieben, weil er nur von der betroffenen Person selbst gehört werden kann (Kreuzer, Vielsmeier, & Langguth, 2013).

Tinnitus wird häufig als ein reiner Ton, ein Tongemisch, ein Rauschen oder auch Klicken beschrieben (Hesse, 2016, S.25f.) und kann im linken oder rechten Ohr, in beiden Ohren gleichzeitig oder im Kopf wahrgenommen werden.

Im Gegensatz dazu treten akustische Halluzinationen z.B. bei Patienten mit Schizophrenie auf und werden in der Regel als Musik oder Stimmen beschrieben (Kreuzer et al., 2013).

Ist jeder Tinnitus gleich, oder gibt es verschiedene Formen? 

Es gibt viele Tinnitusformen, die unterschieden werden müssen.

Zum einen kann man den objektiven Tinnitus vom subjektiven unterscheiden. Objektiver Tinnitus ist sehr selten und kann z.B. von Ärzten über eine Stethoskop mitgehört werden. Patienten können die eigenen, in der Regel ohrnahen Körpergeräusche hören. Zum Beispiel kann ein pulsierender Ton wahrgenommen werden, wenn die kopfnahen Blutgefäße ursächlich dafür sind. Ein anderes Beispiel ist eine Fehlfunktion von Innenohrmuskeln bei der meist ein einseitiges Geräusch entsteht. Auch die Ohrtrompete kann ein Grund für einen objektiven Tinnitus sein.

Sehr viel häufiger tritt allerdings der subjektive Tinnitus auf, der im Gegensatz zum objektiven nicht von außen hörbar ist.

Eine andere wichtige Kategorie ist die Unterscheidung zwischen kompensierten und dekompensierten Tinnitus:

Als dekompensierter Tinnitus bezeichnet man den Zustand bei dem sich die Betroffenen nicht an Ihren Tinnitus gewöhnen können und davon in Ihrem Lebensalltag stark beeinträchtigt werden. Sie schränken sich dadurch im Leben ein und leiden unter dem Geräusch. Dagegen spricht man von einem kompensierten Tinnitus wenn der Betroffene sich an seinen Tinnitus gewöhnt hat und seine Lebensqualität nicht durch den Tinnitus beeinträchtigt wird (Hesse, 2016, S.25ff.).

Vor allem für die Auswahl der richtigen Therapie, ist die Einteilung von Tinnitus nach der Bestehensdauer wichtig. In der Akutphase soll vor allem durch ausführliche Anamnese verhindert werden, dass der Tinnitus chronisch wird. Unterstützend kann eine medikamentöse Behandlung angewendet werden, die Durchblutungsstörungen im Innenohr ausgleichen sollen, da dies unter anderem als möglicher Grund für die Entstehung von Tinnitus angenommen wird. 

In der subakuten Phase (bis zu 6 Monaten nach Beginn des Tinnitus) werden weitere mögliche Ursachen des Tinnitus, beispielsweise in anderen medizinischen Bereichen oder in der Lebensführung des Patienten, gesucht.

Im chronischen Stadium (über 6 Monate nach Tinnitusbeginn) tritt die medikamentöse Behandlung zu Gunsten der psychologischen Therapie in den Hintergrund. Umstellungen in der Lebensführung, Stressbewältigung oder Schlafhygiene sind mögliche Maßnahmen in dieser Phase (Biesinger, 2012, S.111ff.).

Wie viele Menschen haben Tinnitus und gibt es Risikofaktoren? 

In den Praxen der HNO-Ärzte ist Tinnitus eines der häufigsten Beschwerden (Goebel, 2003, S.2).

Laut einer Studie aus dem Vereinigten Königreich nehmen circa 35% der Erwachsenen Tinnitus, mindestens einmal in ihrem Leben, wahr. Etwa 17% hören einen dauerhaften Tinnitus, der nicht nur kurzzeitig nach einem lauten Ereignis (z.B. Diskobesuch) bestand, sondern über länger als 5 Minuten andauert. Bei etwa 1 Prozent der Befragten führt der dauerhafte Tinnitus sogar zu einer Beeinträchtigung der Lebensqualität (Coles, 1984).

Risikofaktoren für das Entwickeln eines Tinnitus sind: zunehmendes Alter, männliches Geschlecht und Hörschädigungen(Langguth, 2015).

Literatur: 

– Kreuzer, P. M., Vielsmeier, V., & Langguth, B. (2013). Chronic tinnitus: an interdisciplinary challenge. Deutsches Arzteblatt International, 110(16), 278–284.

– Hesse, G. (2016). Pathophysiologie: Organpathologie. In G. Hesse (Ed.), Tinnitus (2nd ed., pp. 25–46). Stuttgart, New York: Thieme.

– Biesinger, E. (2012). Tinnitus – endlich Ruhe im Ohr: Ursachen erkennen und ausschalten; die besten Therapien; mit Selbsthilfeteil (Vollst. Taschenbuchausg., 3. Aufl.). Goldmann: Vol. 17295. München: Goldmann.

– Goebel, G. (2003). Tinnitus und Hyperakusis. Fortschritte der Psychotherapie: Vol. 20. Göttingen [u.a.]: Hogrefe Verl. für Psychologie.

– Coles, R. R. A. (1984). Epidemiology of tinnitus: (1) Prevalence. The Journal of Laryngology & Otology, 98(S9), 7–15.

Langguth, B. (2015). Treatment of tinnitus. Current Opinion in Otolaryngology & Head and Neck Surgery, 23(5), 361–368.

Autorin: Heidi Steinberger

Reviewer: PD Dr. Winfried Schlee

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